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Die Amputierten-Initiative e.V. / Gefäßkranke –seit 1991- stellt in lockerer Folge Erfahrungen von gefäßkranken und gefäßgesunden Amputierten vor, die diese vor und nach einer Amputation gemacht haben. Wir befinden uns an der Basis mit direktem Kontakt zu den Betroffenen und nehmen teil an dem schweren Einschnitt, den jeder Amputierte mit seiner Familie und seinen Freunden bewältigen muss.

Bericht von einer 40 –jährigen Amputierten

Besonders Frau Gail hat mich in der ganzen Zeit unterstützt und mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Die Amputierten-Initiative e.V. ist eine wundervolle Einrichtung und es ist sehr schön, dass es Menschen wie Frau Gail und ihr Team gibt.

Alles fing mit einer Sprunggelenksarthroskopie an. Ich ließ die OP bei meinem Orthopäden ambulant machen. Alles verlief normal und ich konnte nach der OP wieder nach Hause.
 
Drei Wochen später, ich kam von meinem Junggesellinnenabschied zurück, bekam ich plötzlich von einer Stunde auf die andere so starke Schmerzen, dass ich nicht mehr laufen konnte. Eine Narbe von der OP war gerötet und der Fuß auch etwas geschwollen.
 
Nach einer sehr schmerzvollen Nacht ging ich am nächsten Morgen sofort zu meinem Arzt. Dieser verschrieb mir Antibiotika und Kühlung.
 
Am nächsten Tag überwies mich der Arzt ins Krankenhaus, weil die Schmerzen nicht mehr auszuhalten waren und der Fuß auch anfing, dick und blau zu werden. Im Krankenhaus wurde eine bakterielle Entzündung festgestellt.
 
Meine Hochzeit sollte in 4 Tagen sein und die Ärzte meinten erst, ich müsse diese absagen. Nach einigen Diskussionen einigten wir uns darauf, dass eine Gelenkspülung gemacht werden sollte und am Morgen meiner Hochzeit könnte ich dann nach Hause.
 
Auf Krücken humpelte ich zum Altar und war den ganzen Tag wie in Trance von den starken Schmerzmitteln. Am Abend musste ich wieder ins Krankenhaus, weil ich es vor Schmerzen nicht ausgehalten habe. Mein Fuß war nur noch ein Klumpen, so stark war er geschwollen, obwohl er den ganzen Tag hoch gelagert war.
 
Am Tag nach meiner Hochzeit wurde eine zweite Spülung gemacht und gleich nach dem Aufwachen merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich hatte das Gefühl, dass meine Fußzehen in einem Eisfach steckten! Ich sagte sofort der Schwester Bescheid,  aber die beruhigte mich und meinte, das wäre normal.
 
Als sich nach zwei Tagen keine Besserung einstellte und die Schmerzen nicht mehr auszuhalten waren, stellte ich das Krankenhaus vor die Wahl: Entweder passiert jetzt etwas, oder ich gehe in ein anderes Krankenhaus.
 
Daraufhin wurden endlich die nötigen Untersuchungen gemacht und schlussendlich bekam ich zwei Tage nach meiner Hochzeit die Diagnose: Der Unterschenkel muss amputiert werden, weil alle Arterien verstopft und nicht mehr auf zu bekommen waren.
 
Für meinen Mann und mich war das natürlich erst einmal ein Schock! Allerdings war auch mein erster Gedanke: „Okay, daran stirbst Du nicht.“. Und mein Mann sagte mir: „Ich habe Dich nicht geheiratet, weil Du zwei gesunde Füße und Arme hast. Wir schaffen das!“
 
Ich kämpfte trotzdem noch drei Wochen um mein Bein, aber schlussendlich musste ich eine Entscheidung treffen, denn die Ärzte hatten Angst um mein Leben, da eine Blutvergiftung zu befürchten war. Mein Körper baute ab und ich konnte nichts mehr essen.
 
In dieser Zeit hatte ich das erste Mal Kontakt mit Frau Gail. Ich schickte ihr eine Mail und sie rief mich sofort zurück. Es tat gut, mit jemandem über alles zu reden. Sie machte mir Mut und, wie ich im Nachhinein erfahren habe, aktivierte sie ihre Kontakte, sodass eines Abends ein Arzt aus einem anderen Krankenhaus nach mir schaute. Aber auch dieser wusste keinen Rat und sah keine andere Möglichkeit, als das Bein zu amputieren.
 
Am 19. November hatte ich die OP, am 11. Dezember kam ich aus dem Krankenhaus, am 12. Dezember feierte ich meinen 40. Geburtstag und am 13. Dezember war ich mit meinem Mann auf dem Weg in die Klinik auf Usedom, um meine Reha anzutreten.
 
An den Tagen, an denen ich vorher zu Hause war, waren wir ziemlich verzweifelt. Eigentlich hatte sich nichts verändert  und doch war alles anders. In der Klinik habe ich aber gesehen, was möglich ist und ICH WOLLTE WIEDER LAUFEN!
 
Nach drei Tagen lief ich schon mit nur einer Krücke. Das tat zwar sehr weh, aber ich merkte: Wenn Du nur willst, dann geht das!
 
Nach drei Wochen fuhren wir wieder nach Hause und ich konnte schon einige Stunden am Tag ohne Krücken laufen.

Zurück aus der Reha fing die Suche nach weiterbehandelnden Ärzten an. Ich hatte Phantomschmerzen und musste sehr starke Medikamente nehmen, die kein Stück halfen. Das Krankenhaus hatte mir diese verschrieben.

Ich hatte schreckliche Angst, dass diese Schmerzen für immer bleiben würden. Ich las im Internet sehr viel über Phantomschmerzen und machte mich verrückt. Bis mein Mann mir schließlich verbot, noch einen Bericht zu lesen! „Es ist doch ganz normal, dass Du nach so einer OP Schmerzen hast! Überleg doch mal, was das für ein Eingriff in Deinen Körper ist! Das wird wieder vergehen, aber das braucht Zeit!“

Frau Gail half mir dabei, ein sehr gutes Sanitätshaus zu finden. Dessen Team nahm sich meiner an und half mir wieder auf die Beine.
 
Ich fragte Frau Gail bezüglich einer Gangschule um Rat und sie gab mir einen sehr guten Tipp. So fing ich auch dort eine Therapie an.
 
Ein Jahr lang drehte sich bei mir und meinem Mann alles nur um Ärzte, Therapien und Krankheit, vom Kampf mit den Krankenkassen mal ganz abgesehen. Aber wir verzweifelten nicht daran. Im Gegenteil: Jetzt erst recht.
 
Im September 2010 erhielt ich ein Jobangebot aus der Schweiz. Obwohl ich nicht recht wusste, ob ich dazu schon bereit war, nahm ich die Gelegenheit beim Schopf und sagte zu. Meine Chefin wusste von Anfang an, was passiert war und gab mir trotzdem diese Chance. Innerhalb von vier Wochen zog ich also von Berlin nach Süddeutschland und fing wieder an zu arbeiten.

Glück im Unglück, denn ich führe heute ein normales Leben und genieße es. Vielleicht mehr als vorher, denn ich denke, wenn man so etwas erlebt hat, weiß man Dinge, die vorher selbstverständlich waren, viel mehr zu schätzen!
 
Natürlich habe ich auch meine Durchhänger. Ich habe das alles nur so gut geschafft, weil ich sehr viel Unterstützung hatte, weil ich Hilfe von meinem Mann, meinen Freunden und Frau Gail und ihrem Team hatte.
 
Meine Message ist: Nicht unterkriegen lassen! Nichts gefallen lassen! Alles hinterfragen! Und nie den Mut verlieren! Lassen Sie sich keine Steine in den Weg legen! Und lassen Sie sich von anderen keine Grenzen setzen!

 
Schleife Mit Dank und allen guten Wünschen.
 
Ihre Dagmar Gail
Gründerin und Vorsitzende



Impressum:
Amputierten-Initiative e.V. / Gefäßkranke - seit 1991 -
Spanische Allee 140
14129 Berlin

Tel.: 030 - 803 26 75
Fax: 030 - 80 49 16 35

www.amputierten-initiative.de
info@amputierten-initiative.de

Vorsitz: Dagmar Gail (zu kontaktieren über die genannte Adresse)

Eingetragen im Vereinsregister unter 11822 Nz beim Amtsgericht Charlottenburg und als besonders förderungswürdig und gemeinnützig unter Gesch.-Z. 600/5543 anerkannt.